Schluss mit zweierlei Maß
Nr. 36 - 21.09.2020
Forschungsteam aus Göttingen und Kassel veröffentlicht Grundsätze für Nachhaltigkeits-Wissenschaft
(pug) Wie nachhaltig verhalten sich eigentlich Nachhaltigkeits-Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler? Ein Forschungsteam der Universitäten Göttingen und Kassel hat zehn Grundsätze erarbeitet, die Hilfestellung beim nachhaltigen Führen einer Nachhaltigkeits-Forschungsgruppe bieten sollen. In den vergangenen 20 Jahren hat diese Nachhaltigkeits-Wissenschaft weltweit ein rasantes Wachstum erfahren, was sich unter anderem an der Zunahme an wissenschaftlichen Zeitschriften, Konferenzen, Professuren und Lehrstühlen zeigt. Der Artikel ist in der Fachzeitschrift „Sustainability Science“ erschienen.
„Nachhaltigkeits-Wissenschaft ist noch nicht lange als eigenständige Wissenschafts-Disziplin akzeptiert“, sagt Prof. Dr. Tobias Plieninger, der eine gemeinsame Professur der Universitäten Göttingen und Kassel innehat. „Zu den wichtigsten Zielen der Nachhaltigkeits-Wissenschaft gehört es, Lösungsvorschläge für globale Probleme wie den Klimawandel zu erarbeiten.“ Gleichzeitig sähen sich aber viele Kolleginnen und Kollegen mit dem Dilemma konfrontiert, dass ihr eigenes Verhalten im Alltag wenig nachhaltig ist – Flüge zu Konferenzen, nicht nachhaltig produziertes Essen und institutionelle Rahmenbedingungen an Universitäten und Forschungsinstituten, die nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.
„Das führt bei nicht wenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Unbehagen und Stress“, fasst Plieninger zusammen. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Nora Fagerholm und Claudia Bieling hat er daher zehn Grundsätze verfasst, um Handlungsoptionen für Forschungsgruppen aufzuzeigen. „Damit möchten wir Denkanstöße geben, um sowohl das eigene Verhalten als auch die institutionellen Rahmenbedingungen in Richtung Nachhaltigkeit zu verändern“, so Plieninger.
Zu den Vorschlägen gehört unter anderem die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks einer Forschungsgruppe, die Ausrichtung des privaten Lebensstils hin zu mehr Nachhaltigkeit und der Dialog mit verschiedenen Akteuren wie Universitätsverwaltungen, Politik oder wissenschaftlicher Community. „Die Handlungsmöglichkeiten für Einzelne sind oft begrenzt“, sagt Plieninger. „Durch den Fokus auf Forschungsgruppen wollen wir aber Möglichkeiten aufzeigen, wie sich Nachhaltigkeits-Strategien durch eine größere Gruppe von Menschen realisieren lassen.“
Originalveröffentlichung: Tobias Plieninger, Nora Fagerholm, Claudia Bieling. How to run a sustainability science research group sustainably? Sustainability Science 2020. https://doi.org/10.1007/s11625-020-00857-z
Kontakt:
Prof. Dr. Tobias Plieninger
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Lehrstuhl für sozial-ökologische Interaktionen in Agrarsystemen
Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-21148
E-Mail: plieninger@uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/589980.html